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Wissen Sie, wie Sie auf einfache Weise den Gestank neutralisieren, wenn sie von einem Skunk mit dem übelriechenden Sekret bespritzt worden sind? Ich weiss es. Ein ehemaliger Mitarbeiter und guter Freund hat es mir verraten. Ich fühle mich dadurch aber nicht mächtig und falls Sie einmal die Antwort brauchen oder ganz einfach daran interessiert sind, würde ich sie Ihnen auch verraten. Sicherlich, Sie können die Frage auch „googeln“ und werden die Antwort finden. Ganz einfach ist es aber nicht und wie so oft ist die erste Antwort nicht die Beste.

Wissen ist Macht

Dieses geflügelte Wort geht auf Francis Bacon zurück, einen englischen Philosophen und Aufklärer, dessen Bestreben es war, den Menschen in einen höheren Stand seines Daseins zu bringen. Am Ende des 16. Jahrhunderts hat er geschrieben „for knowledge itself is power“. Wissen bedeutete Macht – Macht über die Natur, über die Ungebildeten und schlussendlich vor allem über seine eigenen Ängste. Er wollte damit die Menschen auf der Schwelle des Mittelalters zur Renaissance in eine neue Zeit bringen, in der Wissen über Unwissenheit regieren sollte. Führt man sich den Bildungsstand zu seiner Zeit vor Augen, war dies sicherlich ein richtiger Ansatz.

Heute, gut 400 Jahre später ist Wissen immer noch Macht und oftmals wird es vor allem zum Machtmissbrauch eingesetzt. Wer kennt sie nicht, diese Mitarbeiter, die schon lange nicht mehr geschätzt sondern nur noch gefürchtet werden, die ihr Wissen sorgsam hüten wie einen Schatz, die ihr Wissen als Macht missbrauchen? In allen grösseren Organisationen gibt es Mitarbeiter – und für einmal brauche ich die männliche Form bewusst – die mit ihrem Wissen, das sie unzweifelhaft haben, ihre Position auf Jahre hinaus sichern. Sie drohen damit, dass sie das Unternehmen verlassen und dass ihr alleiniges Wissen eine nicht zu schliessende Lücke hinterlassen wird. Und wohl nicht zuletzt für diese Mitarbeiter hat die 80-er Jugendbewegung ergänzt: „Wissen ist Macht – nichts wissen macht auch nichts“. Denn genau so, wie jeder Leser solche Mitarbeiter kennt, weiss auch jeder, wie die Geschichte weiter geht, wenn diese Mitarbeiter wirklich einmal das Unternehmen verlassen. Nämlich wie immer: ohne Probleme. Ich habe es jedenfalls nie anders erlebt. Im Gegenteil, ich habe die Erfahrung gemacht, dass Wissen, das nur einer alleine hütet, gar nicht so wichtig oder von der Zeit längst überholt ist. Wir sollten versuchen, nach Weisheit und nicht nach Wissen zu streben.

Weisheit ist Macht

Das Internet hat sich in drei grossen Wellen verbreitet. Bei der ersten Welle wurden Informationen neu strukturiert, sie wurden allen zugänglich gemacht, sie wurden maschinenlesbar abgelegt. Die zweite Welle brachte die interpersonelle Kommunikation in Echtzeit: E-Mail, Chat, Skype, Facebook, Twitter um nur die bekanntesten Protagonisten zu nennen. Die dritte Welle, in der wir nun stecken, bringt persistentes Wissen ins World wide web. Zurzeit werden weltweit ganze Bibliotheken und Museen digitalisiert und frei zugänglich gemacht. Weltweit stellt das Internet somit ein immenses Wissen dar, gegen das es sich nicht lohnt zu konkurrieren sondern welches wir mit Weisheit nutzen können um dem Ziel Bacons einen Schritt näher zu kommen.

Um der Weisheit Macht zu verleihen, muss wohl auch das Schulsystem angepasst werden. Bereits in der Ausbildung sollte damit begonnen werden, Weisheit zu fördern anstatt reines Wissen abzufragen. Dies ist aber ungleich komplizierter. Mein achtjähriger Sohn löst bei den Mathematikaufgaben nur noch die beiden ersten Rechnungen einer Zeile und adaptiert das erworbene Wissen auf die restlichen Aufgaben: Immer plus 1, oder minus 2 oder sogar das gleiche… Wenn ich ihm sage, dass es hier aber darum ginge, rechnen zu lernen, sagt er mir: „Ich kann rechnen, die ersten beiden Aufgaben habe ich ja gerechnet“. Ich muss ihm recht geben, vor allem weil er mit seiner Methode versucht, Weisheit zu erlangen und nicht nur Wissen anzuhäufen. Vielleicht wird er nie (auswendig) wissen, was 456 – 78 gibt, aber er lernt dafür, Wissen zu strukturieren und auf neue Aufgaben zu übertragen. Ich habe mich übrigens bis jetzt nicht getraut, dies seinen Lehrerinnen zu erzählen, ich befürchte, es grenzt an Verrat. Und doch, vielleicht sollte ich. Ich bin überzeugt, dass solange unsere Ausbildung nur Wissen kontrolliert, Wissen und nicht Weisheit Macht bedeutet. Solange werden auch die beliebtesten Gameshows am Fernsehen nur Wissen abfragen; Gameshows in denen jeder Computer Millionär werden oder 100 andere schlagen würde. Schade eigentlich, denn es würde sich lohnen, der Weisheit die Macht zu übertragen.

Frank Zappa hat treffend und mit einem Augenzwinkern den Gedanken noch weitergesponnen. Vielleicht wird es in weiteren 400 Jahren an der Zeit sein, auch die Weisheit an der Macht abzulösen, aber ich hoffe, dass vorerst einmal der Titel dieses Artikels wahr sein wird: „Information ist nicht Wissen, Wissen ist nicht Weisheit, Weisheit ist nicht Wahrheit, Wahrheit ist nicht Schönheit, Schönheit ist nicht Liebe, Liebe ist nicht Musik, Musik ist das Beste.“ (Frank Zappa, Packard Goose, Album: Joe’s Garage Act III)

Nik Ludin, Mai 2010

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