Auf der Suche nach Einfachheit
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Erinnern mit Bedacht
27.04.2011

Kennen Sie die sieben Todsünden? Ich bin mir dessen sicher. Wahrscheinlich geht es Ihnen wie mir, sie kommen rasch auf die Hälfte der Begriffe, mit Nachdenken auf weitere zwei und den Rest müssen wir googeln. Und dann merken wir, dass ein, zwei Begriffe unserer eigenen Auflistung gar nicht erwähnt sind. Ich habe Ihnen die Arbeit abgenommen:

  • Hochmut
  • Geiz
  • Wollust
  • Zorn
  • Völlerei
  • Neid
  • Faulheit

Die Todsünden werden im Kathechismus der katholischen Kirche definiert und abschliessend aufgelistet. Sünde ist ein Begriff insbesondere der abrahamitischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam). Er bezeichnet vor allem im christlichen Verständnis den unvollkommenen Zustand des Menschen, der (somit) von Gott getrennt ist. Es gibt die Erbsünde, die himmelschreiende Sünde und die lässliche Sünde. Mahatma Gandhi hat die sieben Todsünden für die moderne Welt definiert. Und selbstverständlich gibt es auch in den anderen Weltreligionen entsprechende Begriffe.

Viel schwieriger finde ich die Frage nach dem Gegenteil: Was ist nun eigentlich das Gegenteil von Sünde? Und was das Gegenteil von Todsünde? In philosophisch moralischer Hinsicht ist das Gegenteil von Sünde wohl die Tugend. Ich lasse hier ausser Acht, dass der Begriff Sünde ursprünglich religiöser Natur ist, und somit das korrekte Gegenteil wohl Gottesfürchtigkeit wäre. Das Gegenteil der Todsünden sind somit wahrscheinlich die Kardinaltugenden. Seit dem 5. Jahrhundert vor Christus werden vier Grundtugenden definiert:

  • Weisheit
  • Gerechtigkeit
  • Tapferkeit
  • Mässigung

Diese antiken Tugenden wurden später im neuen Testament nicht übernommen, dort gibt es drei theologische Tugenden: Glaube – Liebe – Hoffnung.

Zuerst bin ich ab dieser Zusammenstellung erschrocken: Wie viel Energie wurde und wird verwendet um die Sünde zu definieren, aufzulisten, künstlerisch darzustellen, anzuprangern und wie wenig im Vergleich dazu auf die Tugend. Die Auflistung der Sünden ist sehr hilfreich, um uns allen klar zu machen, dass wir Sünder sind, ja sogar Todsünder. Vielleicht wird darum – ausser bei den Philosophen – auf die Auflistung der Tugenden verzichten.

Beim zweiten Hinschauen gibt uns diese Lücke die grosse Freiheit und Chance, unsere Kardinaltugenden selber zu definieren, selber Energie darauf zu verwenden, die Grundtugenden und damit die Grundwerte aufzulisten. Ich schlage vor, dass wir uns die Mühe nehmen, auch deren sieben zu definieren. Meine wären … nein, ich behalte sie für mich; diese Arbeit nehme ich Ihnen nicht ab.

Mein mittlerer Sohn hat letzten Sonntag zu mir gesagt: „Ich denke jetzt an Geld!“ Auf meine Frage, weshalb denn, hat er mir geantwortet: „Ich habe gemerkt, dass ich Kopfschmerzen kriege, wenn ich an Kopfschmerzen denke und dass ich Bauchweh kriege, wenn ich an Bauchweh denke. Also bekomme ich vielleicht auch Geld, wenn ich an Geld denke.“ Dass sich ein 9 Jähriger die Welt noch kaufen will, finde ich übrigens äusserst legitim.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen frohe Festtage und einen guten Übergang in ein neues Jahr, in dem wir versuchen, unsere Energie für das Positive zu verwenden, in dem wir uns auf die Sonnenseiten konzentrieren wollen, in dem wir unsere Gedanken auf das Schöne und nicht auf die Schmerzen leiten.

 

Frohe Weihnachten!

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